100 von 100 Punkten für den West Coast Wilderness Trail

Wir haben mittlerweile mehr als 2.000 km auf dem Fahrrad durch die Südinsel von Neuseeland hinter uns und 6 der sogenannten “Great Cycle Trails”. Dabei ist der “West Coast Wilderness Trail” für uns bisher der schönste Fahrradweg in puncto Wildheit der Natur gewesen.

Dabei handelt es sich nicht um einen durchgehenden Trail abseits des Highways. Einzelne, einzigartige Abschnitte durch Regenwald, Goldschürfer-Gebiete, Sümpfe und Dünenlandschaft sind über Fernstraßen-Passagen miteinander verbunden. Dafür wollen wir dem Trail jedoch keine Punkt-Abzüge geben. Er ist wie eine Torte aus mehreren Schichten Sahnequark, die durch trockene Keks-Schichten voneinander getrennt sind. In der Gesamtheit ist alles einfach ein Hochgenuss.
Startpunkt Ross

Die kleine Goldgräber-Stadt Ross ist der südliche Startpunkt des 132 km langen West Coast Wilderness Trail (#WestCoastWildernessTrail).

Bevor wir auf dem Trail gestartet sind, haben wir Ross, der “Hauptstadt des Goldrausches” einen kleinen Besuch abgestattet. Hier wurde 1909 der größte Goldklumpen Neuseelands gefunden. Der “Honourable Roddy Nugget” wog 3,09 kg. Heute vermutet man immer noch Gold im Wert von etwa 700 Mio Dollar im Boden. In einer Mine am Ortsrand wird emsig danach gebuddelt und Erde umgewälzt.

Als Privatperson kann man sich hier eine Schürf-Erlaubnis für einen Tag kaufen. Ob man allerdings auch den dicken Goldfund mit nach Hause nehmen darf, bezweifeln wir. Deshalb sind wir bei unserer Hauptbeschäftigung geblieben, dem Radfahren.
Auf dem Gleisbett einer alten Eisenbahn nach Ruatapi

Die erste Passage des West Coast Wilderness Trail führt über die stillgelegte Trasse einer kleinen Eisenbahn für die damaligen Goldgräber. Die kleinen Wartehäuschen der Stationen an der Seite sind noch als Zeitzeugen geblieben. Links und rechts des Weges wuchert die Natur und singen die Vögel.

Diverse große und kleine Holzbrücken brachten früher die Eisenbahnzüge und heute die Radfahrer über die zahlreichen Wasserläufe.

Der Trail beginnt in einem ebenen Gelände mit einer schnurgeraden Strecke und radelt sich leicht und locker. Nach etwa 15 km ist dieser Abschnitt beendet und es geht für wenige Kilometer zurück auf den Highway 6.
Um den See “Lake Mahinapua”

Kurz hinter dem Abzweig zum Lake Mahinapua geht es an einer touristischen Sehenswürdigkeit vorbei. Auf einem 450m langen Baumwipfel-Pfad kann man in 20m Höhe den Regenwald aus der Vogelperspektive betrachten. Nur wird man dabei auch um 32$ erleichtert und das war uns zu teuer. Wenige km später fanden wir dafür ein einzigartiges Naturerlebnis, als der Radweg in eine fast zugewachsene Schneise durch dichten Regenwald abbog. Der Pfad wand sich hin und her an großen Baumriesen vorbei.

Auch hier fuhr vor 100 Jahren einmal eine Eisenbahn und versorgte eine Sägemühle. Die Ruine davon fanden wir später im Wald. Man kann sich kaum vorstellen, dass in dieser Wildnis einmal eine große Holzfäller-Siedlung existierte. Jetzt hat sich die Natur das Gelände wieder zurück geholt.
- Umgeben von Sumpfgebieten
- Pausenentspannung auf dem Trail
Danach führten uns Schotter- und Steg-Passagen trockenen Fußes durch eine beeindruckende Sumpflandschaft. Auch dieser knapp 10 km lange Abschnitt ging viel zu schnell zu Ende. Der Highway 6 hatte uns danach wieder und führte uns 5 km später in die Küstenstadt Hokitika.
Kurzer Stop in Hokitika

Man muss eigentlich nicht in die Stadt Hokitika hinein, um dem West Cost Wildernis Trail zu folgen. Schon an der großen Brücke über den Hokitika River biegt der Radweg Richtung Inland ab.

Doch zum einen ist diese kleine Stadt mit seiner Küsten-Promenade sehr sehenswert und zum anderen kann man hier gut seine Vorräte auffrischen.
Auf zum Camping an den Lake Kaniere

Die erste Hälfte der Strecke zum Lake Kaniere führt entlang einer recht ruhigen Landstraße. Erst danach beginnt eine aufregende Passage durch dichten Regenwand mit vielen engen Kurven, auf und ab. Hier hat der Radweg seinem Namen wieder alle Ehre gemacht.

Besonders spannend war ein Kilometer-langer, schmaler Abschnitt entlang eines künstlichen Wasserlaufes. Hier wurde ein wilder Bach in einem hölzernen Wasserbett durch die bergige Landschaft geleitet. Es sah aus wie eine nicht enden wollende Goldschürf-Wanne.

Nach 25 km hatten wir es gerade noch rechtzeitig zum Sonnenuntergang geschafft und den DoC-Campingplatz an der Hans Bay am Lake Kaniere erreicht. Der See liegt hier idyllisch von Bergen umringt.

Schnell hinein in die Fluten, um den Staub des Tages loszuwerden! Danach muss man sich im Eiltempo lange Klamotten überwerfen, sonst schlagen die Mücken und Sandfliegen gnadenlos zu. In der Dämmerung ist die beste Beißzeit.

Die Sandfliegen gehen zum Glück mit der Dunkelheit schlafen.
Auf einem Meisterwerk der Serpentinen zum Cowboy Paradise

Schon wieder ändert der West Coast Wilderness Trail sein Gesicht. Durch offenes Farmland führt der Radweg einen Bergrücken hinauf. Der Pfad geht nicht einfach steil und gerade nach oben, wie zum Beispiel auf dem “Queenstown Trail” Richtung Arrowtown. Dort mussten wir uns mächtig hinauf quälen. Nein, hier war ein wahrer Künstler des Serpentinen-Strecken-Entwurfes am Werke gewesen.

Unsere Räder rollten förmlich von alleine um jede Biegung auf der sanften Steigung bis nach oben.

Auch als uns der tiefe Regenwald wieder verschluckte, ging diese interessante, gewundene Streckenführung weiter. Da fühlt man sich wie ein Entdecker, zumal uns den ganzen Tag nur 3 Radler entgegen kamen.

Unsere Radfahrer-Bekanntschaft Meilanie und Phil aus Amerika waren ebenfalls in gleicher Richtung unterwegs. Sie hatten jedoch ein schnelleres Tempo als wir und waren bald aus unserem Blickfeld verschwunden. Erst am Abend trafen wir uns wieder und teilten bei einem Becher Wein unsere Begeisterung für diesen Radweg.
Nach etwa 5 km dichtem Regenwald öffnet sich wieder die Sicht ins Land und das “Cowboy Paradise” liegt vor einem. Dieses kleine Anwesen am Wegesrand mit einigen festen Unterkünften lässt die Herzen jedes Wild-West-Freundes höher schlagen. Es war jedoch mitten am Tage und wir wollten hier weder übernachten noch in den Saloon einkehren. Unser Tagesziel lautete Greymouth, der Endpunkt des gesamten West Coast Wilderness Trail. Und dazwischen lagen noch 63 km.
Um Berge und Seen zurück in die Zivilisation nach Kumara

Hinter dem “Cowboy Paradise” begann das Gelände weiter anzusteigen.

Bei einigen Passagen auf dem gewundenen Waldweg mussten wir nun doch vom Fahrrad absteigen und schieben. Der höchste Punkt lag bei 317 Metern und führte durch die Schneise zwischen zwei bewaldeten Bergen hindurch.

Der holprige Untergrund hatte einer unserer Packtaschen zu sehr zu schaffen gemacht. Eine Schraube an der Halterung war herausgerissen. Doch Eddy konnte es zum Glück wieder reparieren.

In dieser Gegend mangelt es nicht an Wasser. Der Radweg führte nun lange Zeit auf dem Deich um zwei große Stauseen mit traumhaftem Fernblick auf die hohen Berge. Auch hier waren wir völlig allein. Solche Momente muss man einfach genießen – am besten mit einer Tafel Schokolade.

Einige Kilometer später hatte uns die Zivilisation wieder. Wir erreichten Kumara, wo ein Theater-Gebäude heute noch an goldene Zeiten mit vielen Einwohnern erinnert.

Selbst die englische Königin Victoria besuchte einmal diese kleine Stadt.
Die folgenden 10 km parallel zum Highway 73 sind leider kein landschaftlicher Leckerbissen. Der Krach der vielen Autos ist nach der stillen, einsamen Strecke durch die Wildnis sehr gewöhnungsbedürftig.
Hinter den Meeresdünen nach Greymouth

Die letzten etwa 10 km führt der West Coast Wilderness Trail dann wieder abseits des Highways windgeschützt hinter den Dünen am Meer entlang.

Ablandiger Wind fegte die ankommenden Wellen regelrecht nach oben in den Himmel. Das sah im Abendlicht einfach herrlich wild aus.
Viel zu schnell ging nach insgesamt 132 km in Greymouth dieser einmalige Fahrradweg durch die wilde Regenwald-Landschaft der Westküste von Neuseeland zu Ende.

Wir können jedem Radfahrer oder Wanderer diese Strecke nur wärmstens empfehlen. Begeisterung garantiert!!!
4 Gedanken zu “100 Punkte für den West Coast Wilderness Trail”
Ich habe heute Abend Eure Neuseeland-Reise nachverfolgt und bin begeistert über die schöne Gegend durch die Ihr reist und über Eure sportliche Leistung die Ihr da vollbringt. Schwer zu glauben das wir das durchhalten würden. Ihr übernachtet auch oft im Zelt, ist das nicht hart? Wir haben gerade Ostern, bei nassen und kalten Wetter. Da kann man nicht viel draußen machen. Bleibt nur das Surfen und kochen. Wir haben aber den einheimischen Lammbraten dem neuseeländischen aus der Tiefkühltruhe vorgezogen. Nächste Woche kommt der Frühling sagen die Wetterfrösche und da gibt es wieder eine Menge zu tun. Im Wald haben wir auch schon einiges getan. Einen neuen Grill will ich schon seit letzten Herbst bauen, der wartet dann auf Euch für leckere Lammkoteletts. Sonst vergeht die Zeit im Alltagstrott. Die Arbeit fällt sehr schwer. Gestern waren wir noch mal zum Langlauf-Skifahren. Und am Oster-Montag sind wir zum Essen bei den bayrischen Bekannten eingeladen. Wir hoffen Ihr bleibt gesund und wünschen Euch viel Spaß bei Eurer Tour.
Viele liebe Grüße von Petra und Thomas !!!!!!!!!!!
Hallo Petra und Thomas, danke für die lieben Grüße. Wir haben Auckland gestern erreicht und bereiten uns jetzt auf unseren Flug nach Melbourne vor. Am Montag geht es nach Australien und wir müssen vom schönen Neuseeland Abschied nehmen. Das fällt jetzt besonders schwer, weil der Sommer noch einmal zurückgekommen ist. Mit stabilen Temperaturen über 20 Grad Celsius am Tag und Sonnenschein waren die letzten Tage ein wundervoller Abschluss unserer Reise in Neuseeland.
Wie wir gehört haben, ist der Frühling jetzt auch in Deutschland angekommen. Wir drücken die Daumen, dass ihr jetzt auch so schönes Wetter bekommt.
Liebe Grüße aus Down Under
Ute & Eddy
P.S. Wir freuen uns schon auf eure Lammkoteletts 🙂
Hallo, Ute und Eddy,
diesmal sind wir Euch gleich gefolgt und es hat sich gelohnt. Romantik pur erfrischt auch unsere Seele.
Weiter so mit vielen erfrischenden Bädern und dem leckeren Essen, was wir auf Euren Bildern wahrnehmen. Liebe Grüße Anne-Kalle
Hallo ihr beiden,
wir sind uns sicher, dass eine Wanderung durch diese Wildnis euch auch viel Spaß gemacht hätte – die lange Anreise hingegen wahrscheinlich nicht.
Grüße von Ute & Eddy