Die Götter wohnen überall in Indien - Dattatreya Gipfel mit dem Hindu-Tempel der 3-köpfigen Wiedergeburt von Vishnu

Die Götter wohnen überall in Indien

Die Götter wohnen überall in Indien: hoch auf den Bergspitzen, zu ebener Erde oder auch unter dieser. Überall treffen wir bei unserer Fahrradreise durch Indien auf Tempel. Drei besonders faszinierende religiöse Orte im Staate Gujarat möchten wir euch jetzt zeigen. Wenn man bedenkt, wann und unter welchen Bedingungen diese Bauwerke errichtet wurden, steht man gleich doppelt so erführchtig davor.

1. Girnar – Den Wolken ein Stück näher 

Hoch oben auf den Gipfeln der Girnar-Berge liegen eine Reihe von Tempeln, die sowohl für Hindus als auch für Jains ein bedeutender Pilgerort sind. Jeder dieser Gläubigen sollte diesen Ort mindestens einmal in seinem Leben besuchen. Und uns hatten Inder diese Berge auch sehr ans Herz gelegt, schon seiner schönen Landschaft wegen. Nebenbei sind das auch die höchsten Berge von Gujarat.

Die einzelnen Tempel stehen wie auf einer Perlenschnur aufgefädelt,  die hoch in die grünen Berge ausgelegt ist. Der höchste dieser Tempel thront bei etwa 1.100m. Zwischen all diesen Tempeln verteilen sich etwa 11.000 Treppenstufen.

Abkürzen ist erlaubt

Die Erinnerung an den Aufstieg zur Tempelanlage bei Palitana ließ mich abschrecken, diesen Aufstieg zu Fuß zu unternehmen.  Damals hatten sich meine Knie nach den nur 3.500 Treppen erst nach mehreren Tagen wieder beruhigt. Das wollte ich nicht nochmal haben. Und es bestand ja auch keine Notwendigkeit dazu. Seit kurzem führt eine Seilbahn bis etwa auf 800m in die Girnar-Berge. Sie erspart die ersten 5.500 Treppen und den steilsten Teil des Aufstiegs. Den großen Jain-Tempel kann man dann jedoch nur aus der Gondel sehen.

Angekommen auf 800m Höhe folgten wir dem Besucherstrom über die Bergspitzen. Die Treppen waren so schmal, dass eigentlich immer nur zwei Leute aneinander vorbei konnten, der Hin- und der Rückstrom. Doch irgendwie quetschten sich oft viel mehr Leute hindurch. Zwischendrin mischten sich die Träger, die zu zweit eine weitere Person auf einem Hängesitz den steilen Weg entlang wuchteten. Es ging runter, hoch, runter, hoch …

Das Ziel aller Besucher

Der letzte Gipfel Dattatreya ist das höchste Wanderziel der Pilger. Ein unspektakuläres rundes Gebäude auf einer spektakulären Bergspitze. Darinnen wohnt der gleichnamige Gott Dattatreya, von Mönchen behütet.

Erst als sich unser Stufenweg um diese Spitze herum schraubte, erkannten wir die steilen Stiegen nach oben. Schon beschwerlich. Aber wir hatten alle Zeit der Welt und genossen die Stopps für Ausblicke auf die anderen Berge. 

An diesem Tag waren die Sichtverhältnisse viel besser als am Tag zuvor, wo die ganzen Berge unter einer großen Dunstglocke verborgen geblieben waren. Glück gehabt.  

Übrigens…

Zu unserer positiven Überraschung zahlen Einheimische und Ausländer hier den gleichen Preis für die Seilbahn, nämlich 700 Rupien für die Hin- und Rückfahrt. 

2. Sonnentempel in Modhera – Ein steinerner Kalender

Der Sonnentempel in Modhera wurde zu Ehren des Sonnengottes Surya gebaut. Baubeginn war vor etwa 1000 Jahren. Damit hat dieses Bauwerk viele geschichtliche Ereignisse erlebt und erdulden müssen. Heute finden hier keine religiösen Handlungen statt. Vielleicht war dieser Tempel auch gar nicht dafür ausgelegt, sondern als steinernder Kalender. Er ist so ausgerichtet, dass am Frühlings- und Herbst-Anfang (Tag-und-Nacht-Gleiche) die allerersten Sonnensrahlen genau auf das Bild vom Sonnengott Surya fallen. Und zum Tag der  Sommersonnenwende scheint zur Mittagsstunde die Sonne so auf die Gebäude, dass kein Schatten entsteht.

Um den Tempel herum ist ein großer sauberer Park, ein nicht so häufiger Anblick in Indien. Den vielen Besuchern, meist Schülergruppen schien das gut zu gefallen. Der Tempel an sich besteht aus zwei nebeneinander stehenden Gebäuden mit vielen Säulen und Schnitzereien an den Wänden. Diese eignen sich toll als Fotomotive. Am Fuße der Gebäude befindet sich ein großes Wasserbecken mit vielen Absätzen an den Innenwänden. Diese sind ebenfalls reich verziert.

Das nächtliche Highlight

Nach Sonnenuntergang werden die Scheinwerfer auf den Tempel und das Wasserbecken angeschaltet. Alles erstrahlt dann in einem märchenhaften, goldenen Licht.

Eine Lasershow nutzt  nach Einbruch der Dunkelheit (19 Uhr und 19:30 Uhr) die Tempel-Silhouette als Leinwand, auf die die 1000jährige Geschichte als musikalische Zeitreise projeziert wird. 

Übrigens…

Der Eintritt für Ausländer beträgt hier 300 Rupien, während Einheimische 25 Rupien zahlen. Ein Phenomen, das wir schon an mehreren Sehenswürdigkeiten von Gujarat erfahren hatten. Wenigstens war die 20-minütige Laser-Show für uns mit im Preis enthalten.  

3. Der Stufenbrunnen von Patan – Für die Heiligkeit des Wassers

Der unterirdische Brunnen “Rani Ki Vav” in Patan stammt aus dem 11.Jahrhundert und ist wie ein Tempel erbaut. Nur verkehrt herum, quasi auf den Kopf gestellt. Er soll von der damaligen Königin errichtet worden sein. So lautet die Geschichtsschreibung. Deshalb auch die Bezeichnung “Rani Ki Vav , was so viel wie “Tempel der Königin” bedeutet. Na, die Königin hat bestimmt nicht selbst Hand angelegt. Aber das ist auch egal. Ganz unten befindet sich der eigentliche Zweck dieser Anlage, der Brunnen zum Auffangen von Regenwasser. 

Dieser Vogel hatte uns ganz viel zu sagen 🙂

Der Stufenbrunnen erstreckt sich über 7 Ebenen bis 27m in die Tiefe. Die Stufen auf die nächst tiefer liegende Ebene sind nicht in Laufrichtung ausgerichtet, sondern um 90° verdreht. Das läuft sich sehr ungewohnt. Aber so spart man Platz für die Schräge und kann in kürzeren Abständen an Tiefe gewinnen. Das Stufenmaß ist auch viel höher als der heutige Standard. Bedenkt man, dass die Menschen damals auch kleiner waren als heute, dann hatten sie mit ihren vollen Wassereimern ganz schön schwer zu schleppen. 

Die alten Baumeister verstanden ihr Handwerk

Bei den reich verzierten Wänden und Säulen kommt man aus dem Staunen nicht mehr heraus. Es gibt so schöne und gut erhaltene Skulpturen von diversen Göttern, aber auch von ganz gewöhnlichen Menschen in Alltagssituationen. Die Säulen sind rund herum mit Ornamenten, Blumen und Tieren verziert.

Als Besucher kommt man heute nur bis zur 5.Etage hinunter. Von dort kann man dann noch weiter nach unten schauen.  

Das ganze Bauwerk war etwa 900 Jahre unter der Erde verbuddelt und verborgen. Ende der 40er Jahre des vorigen Jahrhunderts wurde es mehr oder weniger zufällig entdeckt. Mit der Ausgrabung hat man ab 1958 begonnen. Es galt, ein Erdreich von 68m Länge,  20m Breite und  27m Tiefe vorsichtig freizulegen. Eine große Buddelei. Es ist schon erstaunlich, dass dieses Bauwerk und seine Verzierungen dem Wasser, Schlamm und der Erde über die vielen Jahrhunderte überhaupt standgehalten haben.

Heute wird dieser Stufenbrunnen von Patan als der schönste und eines der größten seiner Art eingestuft, sodass er einen besonders würdigen Platz auf der 100-Rupien-Note gefunden hat.

Seit 2014 gehört er auch zum UNESCO-Weltkulturerbe. So viele gute Gründe, ihn sich selbst anzuschauen!

Übrigens…

Der Eintrittspreis für Ausländer beläuft sich auf 600 Rupien, mehr als das 10fache verglichen mit dem Preis für Inder.

2 Antworten zu „Die Götter wohnen überall in Indien“

  1. Hi, ihr beiden. Habt eine schöne Art, euere Erlebnisse zu beschreiben, man ist quasi selbst dabei. Und euer Motto: lieber langsam und mehr erleben finde ich gut. Denn noch schöne Erlebnisse in Indien.

    1. Hallo Mecki & Rolf,
      danke für die Grüße und Wünsche. Wir haben den Anlass gleich genutzt und eure Berichte aus den Philippinen gelesen. Es hört sich so an, als ob ihr an unserer “Schleichfahrt” Gefallen gefunden habt und auch ein paar Gänge zurückgeschaltet habt 🙂 In der Nähe von nutzbaren Gewässern ist das auch eine schöne Idee. Leider kann man in Indien die Flüsse und Seen wegen des Mülls und der sonstigen Verschmutzung kaum nutzen. Vielleicht haben wir zum Ende in Goa und entlang der Küste noch Gelegenheit, ein wenig zu baden. Wir haben ja noch einen Monat länger Zeit…

      Ganz liebe Grüße
      Ute und Eddy

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